Thomas Müller, Dr. iur., Rechtsberatung
Müssen wir uns so lange an die Versicherung binden?
Frage: Kürzlich haben wir eine neue Design-Polstergruppe sowie einen Mähroboter für den Garten gekauft. Deshalb haben wir unsere Hausratversicherung gebeten, die Versicherungssumme um 20’000 Franken zu erhöhen. Statt einfach eine neue Police auszustellen, schickt uns die Gesellschaft nun aber eine Änderungsofferte, an der uns zweierlei stört: Zum einen ist darin eine fixe Vertragsdauer von fünf Jahren vorgesehen. Zum anderen werden neue Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) für anwendbar erklärt, ohne dass die Versicherung darlegt, wie sich diese von den bisherigen unterscheiden. Auf Anfrage konnte uns der Versicherungsberater darüber keine Auskunft geben. Müssen wir wirklich selber das umfangreiche Kleingedruckte vergleichen? Oder können wir darauf bestehen, dass weiterhin die bisherigen AVB gelten? Diese haben wir nämlich beim Abschluss der Versicherung gelesen.
Antwort: Zunächst gebührt Ihnen ein Kompliment dafür, dass Sie sich mit dem Inhalt der Versicherungsbedingungen befassen. Viele Kunden tun das nicht, obwohl es wichtig wäre. Auch mit Ihrer Beobachtung treffen Sie ins Schwarze: Versicherer nutzen jede Änderung, um ihren Kunden einen neuen Vertrag mit den neusten AVB und meist fünfjähriger Laufzeit anzubieten. Eine Übersicht über die wichtigsten Änderungen im Kleingedruckten fehlt dabei regelmässig. Dazu sind die Firmen auch nicht verpflichtet, denn das Gesetz verlangt lediglich, dass sie ihrer Kundschaft vor Vertragsabschluss ein AVB-Exemplar aushändigen. Dies ist umso störender, als viele Versicherungsberater nicht in der Lage sind, Auskünfte über Änderungen zu geben. Und wenn sie es tun, dann meist mündlich, weshalb man sie im Schadenfall nicht behaften kann.
Wenn Sie auf den bisherigen AVB bestehen, läuft es wohl auf ein Kräftemessen hinaus. Fälle, in denen der Versicherer nachgibt, sind selten. Sie müssten also schon sehr gute Kunden sein, damit Ihre Versicherung einlenkt. Beharren beide Seiten auf ihrem Standpunkt, wird der Vertrag oft im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst.
Anders sieht es bei der fünfjährigen Vertragsdauer aus. Hier sind die Gesellschaften meist bereit, ihren Kunden ein jährliches Kündigungsrecht einzuräumen. Am besten fragen Sie Ihren Versicherungsberater. Mit einem jährlichen Kündigungsrecht fahren Sie im Ergebnis gleich wie mit einem einjährigen Vertrag, der sich automatisch erneuert, sofern er nicht gekündigt wird. Bitte beachten Sie ausserdem: Selbst einen fünfjährigen Versicherungsvertrag könnten Sie schon nach drei Jahren auflösen. Dieses vorzeitige Ausstiegsrecht ist seit 2022 gesetzlich vorgeschrieben.
Thomas Müller, Dr. iur.
Niederneunforn TG
Tel. 043 535 00 00
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