Baddie zeigt: Es ist nie zu spät!

Influencer kommen ja hier bei mir grundsätzlich nicht so gut weg. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass drei Viertel von ihnen unter 35 sind und mich nicht zuletzt pausenlos daran erinnern, dass ich nicht mal unter 45 bin.

Dabei kann eigentlich jeder, der seine sieben Sinne beieinander hat (wobei, es geht auch ohne) sein Handy zücken und seine Selfies und Stories ins Digital-Universum schicken. Und gottseidank haben das inzwischen auch zahlreiche rüstige und innovative Grossmütter und -Väter gecheckt und den waghalsigen Sprung von Facebook rüber zu Instagram gewagt. Denn mal ehrlich: Wer gleich mehrere geschichtsrelevante Kriege und zahlreiche gesellschaftspolitische und digitale Revolutionen überlebt und noch persönlich und aus erster Hand darüber berichten kann, ist definitiv im Vorteil. Damit toppt man jede 22-jährige «Influencerin», die in ihrem Leben bestenfalls neun Jahre Schulzeit und drei operative Eingriffe hinter sich hat.

Eine meiner liebsten Granfluencer (Grosi-Influencer): Helen Ruth Elam van Winkle aus Kentucky, besser bekannt als Baddie Winkle. Seit 2014 unterhält sie ihren Insta-Kanal @baddiewinkle und feierte dort kürzlich mit ihrem 3,7 Mio. Abonnenten (!) ihren 92. Geburtstag. Ich meine, suchen Sie mal einen Instagramer, der «Selfies» von 1928 posten kann …

Ich folge Baddie seit einer Weile und sie versorgt mich regelmässig mit wirklich abgefahrenen, neon-farbigen und wahnsinns-optimis­tischen Stories. Immer, wenn ich etwas hadere, bereits ein halbes Jahrhundert plus einige Tage alt zu sein und mich die Angst packt, ich könnte langsam den Anschluss verlieren, kommt Baddie. Sie, die beinahe doppelt so alt ist wie ich, bringt mit einem neuen Wurf aus ihrem pastellfarbenen Wohnzimmer Einhörner in mein Leben. Meine Welt schmeckt wieder nach Zuckerwatte und das Alter spielt sowas von gar keine Rolle mehr!

Text und Bild: Sibylle Ambs