Kurz nach Amtsantritt: dorena Raggenbass 2008. Foto Gaccioli
31.05.2023 14:17
«Die Vielfalt macht die Stadt aus»
Dorena Raggenbass blickt auf 16 Jahre im Kreuzlinger Stadtrat zurück - Seit heute ist Daniel Moos als Nachfolger im Amt
Nach 16 Jahren im Stadtrat blickt Dorena Raggenbass auf eine sitzungsreiche, herausfordernde und doch erfüllte Zeit zurück. Die Vielfältigkeit des Departements «Gesellschaft» brachte auch eine umfangreiche Verantwortung mit sich.
Kreuzlingen «Am Anfang war das Ungewisse», erinnert sich Dorena Raggenbass zurück. 2007 wurden mit Rainer Bodmer und Peter Markstaller zwei bisherige Stadträte nicht mehr gewählt, Gerhart Lehmann hatte auf eine weitere Amtszeit verzichtet. Auch Andreas Netzle, damals Stadtammann genannt, war neu im Amt». Nur Renato Canal sei als bisheriges Exekutivmitglied wieder gewählt worden. «Glücklicherweise konnten wir auf eine erfahrene Stadtverwaltung zählen».
Departemente neu eingeteilt
Als Stadträtin musste Dorena Raggenbass zu Beginn zwei schwere Brocken übernehmen: Der noch nicht rund laufende Betrieb Dreispitz Sport- und Kulturzentrum sowie die umfangreiche Sanierung des Schwimmbades Hörnli. «An den ersten Stadtratssitzungen wurde eine Auslegeordnung gemacht, die einzelnen Ressorts und deren Aufgaben unter die Lupe genommen und die Departemente neu zusammengesetzt», blickt sie zurück. Einige Zuständigkeiten seien neu verteilt worden. «Ich bekam die städtischen Liegenschaften, die Altersarbeit, Integration sowie die Infrastrukturanlagen zu Sport und Kultur».
Eines der ersten grossen Projekte sei das Alterskonzept gewesen. Auch die Verträge mit der Genossenschaft Alterszentrum mussten neu aufgesetzt werden. «Es war ein zähes Ringen, von der bis dahin geltenden unbeschränkten Defizitgarantie zu einer limitierten Defizitgarantie». Die Mitglieder des Stadtrates hatten damals ein 50-Prozent-Pensum «und daneben eine berufliche Tätigkeit, was schwer zu vereinbaren war». Nachdem die Geschäftsprüfungskommission eine Aufstellung der Arbeitsbelastung der Exekutivmitglieder beurteilt hatte, sei das Pensum 2015 auf 60 Prozent erhöht worden.
Vom Leidens- auf den guten Weg
Ab 2008 sei das Departement auch personell ausgebaut worden. «Damals wurden die Leistungsvereinbarungen mit den Vereinen erarbeitet, welche einen jährlich wiederkehrenden Beitrag der Stadt erhalten. Diese zeigen transparent auf, für welche Leistungen die Vereine Geld erhalten, beispielsweise in der Jugend- und Nachwuchsförderung». Mit dem Kauf des Schiesser-Areals sei aus der Idee eines Kunstmuseums mit der Zeit das Projekt eines Kulturzentrums entstanden. «Es folgten Arbeiten mit Projektgruppen, die erst das Kulturprofil der Stadt darstellte, den Kulturbericht erstellte und ein Kulturkonzept schrieb». Das erste Ziel war der Aufbau des geplanten Kulturzentrums.
Nach der gelungenen Volksabstimmung vom 26. September 2021 und den leider folgenden Spannungen zwischen Vorstand und Stadtrat sei das Kult-X auf gutem Weg, in Kreuzlingen einen besonderen Kulturplatz zu schaffen. Besonders, weil er den aktiven Veranstaltern und Kulturschaffenden in der Region unterschiedliche Raumsituationen zur Verfügung stellen könne. «Getragen und organisiert von einem Verein, unterstützt von Kanton und Stadt».
Professionalisierung der Museen
Auch im Sportbereich kann Dorena Raggenbass auf eine erfolgreiche Entwicklung zurückblicken. Nebst den grossen Sanierungen und Erweiterung der Fussballplätze Döbeli und Hafenareal (Klein Venedig) erhielt der FC Kreuzlingen ein neues Garderobengebäude. «Dank der guten Zusammenarbeit mit der Schule konnten wir eines der wichtigsten Projekte umsetzen: Im März 2018 stimmte der Souverän einem Bruttokredit von 31 Millionen für den Erweiterungsbau des Familien- und Freizeitbades Egelsee zu. «Ich freue mich auf die Eröffnung im September und auf die Inbetriebnahme der Gesamtanlage im Jahr 2025. Die Zusammenführung des Freibads Hörnli mit dem Bad Egelsee und damit eine Führung aus einer Hand, ist eine positive Entwicklung und die vielseitigen, gut ausgebauten Sportanlagen eine Attraktivitätssteigerung für unsere Stadt».
Im Lauf der Zeit habe sich gezeigt, dass in vielen Vereinen und Institutionen die Freiwilligenarbeit an ihre Grenzen gestossen sei. «Die Herausforderungen machten z. B. auch bei den Museen eine Professionalisierung unumgänglich. Mit der Annahme des Museumskonzepts durch das Volk im Jahre 2016 konnten die Häuser die Leitungen personell ausbauen. Der Erfolg zeigt, dass unter fachmännischer Leitung auch mehr Publikum und Schulklassen angezogen werden können».
Mit der Schule Kreuzlingen konnte auch das Projekt «Schule mit Tagesstruktur» erfolgreich umgesetzt werden. Zweimal hätten die Stimmberechtigen der Stadt und der Schule zu diesem Vorhaben Ja gesagt. «Im Jugendbereich arbeiten wir in einigen Projekten, wie zum Beispiel der offenen Jugendarbeit (OJA), in den familienergänzenden Angeboten, Sportanlässe und Kunstaktionen eng und gut zusammen».
Neugierig bleiben, Geduld haben
Für sie sei die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, insbesondere mit der Kommission Gesellschaft, Kultur und Sport immer wichtig gewesen. «Dass das Präsidium der Kommission über die Jahre unter gleicher Leitung lag, hat es sicher erleichtert, Projekte in der Kommission zu erarbeiten. Diese Gemeinsamkeit und Kritik lagen mir immer am Herzen». Im Gemeinderat habe sie immer wieder «Verbesserungsvorschläge» erhalten, Kritik einstecken zu können gehöre zum Politalltag dazu. Dorena Raggenbass zieht Bilanz und freut sich, dass sich «die Stadt in den vergangenen 16 Jahren positiv entwickelt hat». Das liege aber nicht nur an der Politik: «Diese Stadt hat ein gewaltiges Potenzial an engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Die Bevölkerung gestaltet, der Stadtrat kann unterstützen».
Ihrem Nachfolger Daniel Moos wünscht sie, dass das gemeinsam aktive Gestalten so bleibt. Vor allem aber empfiehlt sie ihm «neugierig zu bleiben, Geduld zu haben, die Vereine, mit fast 100 bestehen Leistungsvereinbarungen, zu schätzen und sich auf die enorme menschliche Vielfalt zu freuen».
Von Kurt Peter