Simone Benguerel ist die Grabungsleiterin bei der Sanierung der Neuburg in Weinfelden. Bild: Desirée Müller
24.06.2021 16:39
Ruine erhebt sich aus dem Boden
Die Mauern der Neuburg auf dem Burgstock werden saniert
Vor rund 700 Jahren wurde eine weitläufige Burganlage auf dem Ottoberg errichtet. Teile der Südmauer sind immer noch sichtbar. Diese werden nun mit Baumaterialien, wie sie im 13. Jahrhundert verwendet wurden, instandgesetzt. Simone Benguerel vom Amt für Archäologie gewährt einen Augenschein.
Weinfelden Viel ist nicht über sie bekannt, die Burg Neuburg auf 503 Metern über Meer an der Südflanke des Ottobergs. Und das macht die Arbeit von Simone Benguerel vom Amt für Archäologie und ihrem Team diese Tage umso spannender. Eine steile, in den Hang gebaute Holztreppe führt von der Waldstrasse aus zum aktuellen Arbeitsort der Archäologin. Es ist zehn Uhr morgens und noch still auf dem «Burgstock», wie der bei Einwohnern beliebte Aussichtspunkt, gerne genannt wird. Grosse Säcke mit Baumaterialien lagern in der einen Ecke, in der anderen stehen Baumaschinen bereit. Allesamt wurden sie mit dem Helikopter auf den Hügel transportiert. «Wir haben diverse Möglichkeiten angedacht, wie wir das Arbeitsmaterial hier hoch bringen können. Wir hätten neue Wege bauen müssen, um zum Grabungsort zu kommen und das wäre ein zu grosser Aufwand gewesen», so Benguerel. Auf dem Boden, auf dem sie gerade steht, liegt verborgen die Ruine einer Spornburg, vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Man kann nur erahnen, wie die Burg und somit auch das Leben ausgesehen haben mag. «Wir gehen von einer dreieckigen Burganlage mit Ringmauer aus», so Benquerel. Wohl haben die Burg die Freiherren von Bussnang gegründet, welche im 14 Jahrhundert die Herrschaft Weinfelden als habsburgisches Lehen verwalteten. Einzig eine Skizze vom Grundriss der Burg ist bekannt, welche wohl vor etwa 200 Jahren gefertigt wurde. Man geht davon aus, dass damals schon Grabungen stattgefunden haben. Wohl fiel die Neuburg den aufständischen Appenzellern 1407 zum Opfer und wurde nicht wieder aufgebaut. Nur vierzig Meter der Südmauer erinnern an die Zeit zurück, und diese gilt es nun zu sanieren. Denn seit rund 600 Jahren hält sie Wind und Wetter stand. So war sie zu Beginn der Arbeiten letzten Herbst vielerorts stark bewachsen und bröckelte vor sich hin. Das Ziel ist es jedoch nicht, die Burgruine wieder freizulegen. Vielmehr wird die Sicherung des Bestands angestrebt. «Natürlich wäre es spannend, noch mehr über die Burg zu erfahren. Wir vermuten auch noch Überreste zum Beispiel von Brennöfen. Der Aufwand für die komplette Freilegung wäre jedoch enorm.» Somit werden die Arbeiten nach der Sanierung bis auf weiteres abgeschlossen sein.
Materialien wie im 13. Jahrhundert
Die Archäologin läuft um die Mauer herum und geniesst einen Moment die Aussicht ins Thurtal. Man versteht, warum der Burgstock gerne als Ausflugsziel genutzt wird. So soll künftig auch eine Tafel über den historischen Ort informieren und die bisherige Grillstelle wurde bereits erweitert. Die Mauer wird alle paar Meter von gelben Vermessungsmarken gesäumt. Bevor mit den Sanierungsarbeiten im Frühling begonnen werden konnte, fanden aufwendige Vermessungsarbeiten statt. Eine Scannung des Areals war aufgrund der dichten Vegetation nicht möglich. Auch mussten Rodungen vorgenommen werden, um Platz zu schaffen. Nach getaner Arbeit wird der Ort aber wieder aufgeforstet. «Wir versuchen, die Arbeiten mit den möglichst gleichen Baumaterialen zu verrichten, wie damals beim Bau der Burg», ist der Grabungsleiterin wichtig. Spezialisten vor Ort sind für die spezielle Mischung zuständig. Die Mauer bestand aus zwei Mauerschalen mit einer Füllmauer dazwischen. Die äussere Schale ist bereits nicht mehr vorhanden und der Füllkern besteht aus losem Steinmaterial mit Kalkmörtel. Die Mauer weiter verkommen zu lassen, wäre laut Benguerel sehr schade. Dieser Meinung waren auch die Bürgergemeinde und die Stadt Weinfelden, welche sich finanziell an dem Sanierungsprojekt beteiligen. Einzig der Tierwelt gefiel die verwilderte Vegetation mit den vielen Nist- und Versteckmöglichkeiten im verwitterten Mauerwerk äusserst gut. Daher kooperiert das kantonale Amt für Archäologie mit dem Vogel- und Naturschutz zusammen. So soll der Zeitzeuge künftig nicht nur Besucher mit in die Vergangenheit nehmen, sondern weiterhin auch als wertvoller Lebensraum für die Fauna dienen.
Desirée Müller