02.05.2024 08:18
Es braucht en "lange Schnuuf"
Reka-Feriendorf wird weiterhin Steine in den Weg gelegt
In Kreuzlingen soll ein Reka-Feriendorf entstehen. Dies passt einigen Anwohnern nicht. So ist der Gestaltungsplan sei einem Jahr und vier Monaten bereits beim Verwaltungsgericht in Weinfelden hängig. Mit dem "Dorf" kommen noch zwei weitere Themen hinzu, welche die Einsprecher "triggern".
Kreuzlingen Seit mehr als eineinviertel Jahre ist der Entscheid des Verwaltungsgerichts in Weinfelden hängig. «Man braucht ‘en lange Schnuuf’», sagt Initiant Fabian Munz von der SEELEBEN AG. Wohl sei die Dauer der Prüfung im zeitlichen Rahmen. «Durchschnittlich vergehen fünf bis zehn Jahre, bis ein Reka-Feriendorf realisiert werden kann», bestätigt Reka-Projektleiter Damian Pfister. Wohl hätten sie Ende 2023 mit einem Entscheid gerechnet, doch: «es sind wieder vier Monate vergangen ohne Bescheid.» Grund für die Prüfung des Gestaltungsplans sind Einsprachen der direkten Nachbarn des geplanten Feriendorfs. Die Beweggründe sind grundverschieden. Die einen stellen sich gegen «den Eingriff in die Landschaft». Andere stören sich daran, dass der bisherige Veloweg künftig auch von den anreisenden Gästen mit Autos befahren wird. Wieder andere befürchten negative Auswirkung, durch die geplante Geothermie-Bohrung.
Keine Überraschung
Falls das Verwaltungsgericht das «Go» für den Gestaltungsplan gibt, können die Einsprecher trotzdem vors Bundesgericht ziehen. Die Chancen, dass sie mit ihren Argumenten «durchkommen» ist zwar ungewiss, aber laut Projektleiter der REKA kaum denkbar. «Wir wollen immer noch am Standort in Kreuzlingen bauen. Alles kommt aus einem Guss daher. Der Gestaltungsplan ist sehr sorgfältig aufgearbeitet und baurechtlich halten wir alles ein. Wir befinden uns nicht ansatzweise in der Grauzone. Ganz im Gegenteil.» Grundsätzlich dürfte man zum Beispiel noch höher bauen als aktuell geplant.» Doch das Feriendorf soll sich in die grüne Umgebung einfügen und den Charakter des Ortsbildes mittragen. Dafür wurde das Richtprojekt von der Kreuzlinger Stadtbildkommission beurteilt. «Gemäss neuem Baureglement könnte man in einem neuen Gestaltungsplan auch von dieser Beurteilung abweichen» sagt Munz. Es ist also auch in den Interessen der Anwohner, dass nach dem aktuell anstehenden Gestaltungsplan gebaut werden kann, dessen Richtprojekt von der Stadtbildkommission beurteilt wurde. Die Anwohner hätten beim Kauf ihrer Eigentumswohnungen gewusst, dass irgendwann auf dem «Seezelg» gebaut werden wird. «Somit dürfte es keine Überraschung gewesen sein.», meint Munz. Einsprachen seien heutzutage leider zu einem Geschäftsmodell geworden, erzählen Munz und Pfister unabhängig voneinander. Den Einsprechern Geld zu bieten, dass sie sich zurückziehen, kommt nicht in Frage. «Leider ist dies weit oft mehr der Fall, als man denkt», so Munz. Vielmehr hoffen alle Verantwortlichen, dass die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner viel mehr die Chancen für Kreuzlingen erkennen.
Seeufer bleibt öffentlich
Die Stadt Kreuzlingen steht hinter dem REKA-Feriendorf: Der Stadtrat hatte den Gestaltungsplan am 22. Dezember 2020 beschlossen und das Departement für Bau und Umwelt Kanton Thurgau am 29. November 2022 genehmigt. Die Ängste und Zweifel der Anwohner sind Stadtrat Ernst Zülle bekannt. «Auch uns gefällt die natürliche Uferzone im Seezelg und der wildromantische Fussweg», so Zülle. «Doch wir können versichern, dass auch mit dem neuen Gestaltungsplan die natürliche Uferzone und der öffentliche Fussweg erhalten bleiben. Der neue Gestaltungsplan gibt der Uferzone teilweise mehr Platz, damit mit der Zeit ein grösserer natürlicher Uferbereich entsteht», erklärt er. Die Baubereiche befinden sich nicht in der Nähe des Sees, sondern vor allem in der Nähe der Eisenbahnlinie. «Eine grosse naturnah gestaltete Fläche zur Förderung der Biodiversität bis zum Seeufer bleibt frei und öffentlich zugänglich», so der Stadtrat weiter. «Der neu gestaltete Raum am Wasser kann dazu öffentlich genutzt werden und stelle laut Munz einen Mehrwert für die Bevölkerung dar. Ein weiteres Thema ist der heutige Weg, der zum Spazieren und Velofahren dient und 3.30 Meter breit ist. Künftig werden nebst den Velos auch Autos die Strasse passieren. «Der Weg wäre neu fünf Meter breit, so können die Velofahrenden mit den wenigen Autos problemlos kreuzen», ist Zülle überzeugt. Im Innern des Gebiets seien nur 75 Parkplätze erlaubt, davon die meisten unter dem Boden, sprich in einer Tiefgarage unter den Reka Gebäuden vorgesehen. «Das Innere des Gebiets bleibt - bis auf die Zufahrt zu den Parkplätzen des Rekas - autofrei. Neben der schmalen Strasse entstehen neue separate Fusswegverbindungen über die Wiese», erklärt Zülle. «Die Gäste werden anhand von Erfahrungswerten anderer Feriendörfer meist stationär im Dorf bleiben und sich mit dem ÖV oder den Velos bewegen», ergänzt Fabian Munz. Zudem sollen Reka-Gäste die mit dem Auto anreisen direkt sensibilisiert werden. In der heutigen Zeit in der Velowege auch von E-Bikes und E-Scooter vermehrt genutzt werden, ist die allgemeine Rücksicht von Fahrzeug-Lenkern sowieso wichtiger denn je geworden und «niemand kann mehr einfach so drauflosfahren» meint Munz weitsichtig.
Geothermie-Bohrung
Er bedauert es, dass sich die Nachbarn gegen das Projekt stellen. «Die Gründe für die Einsprachen sind aus meiner Sicht unbegründet.» Für weitere Unsicherheiten bei der Nachbarschaft sorgt die geplante Geothermie-Bohrung. «Es wird nicht in den tiefer liegenden Kalkstein gebohrt, wodurch auch kleinere Beben ausgeschlossen werden können». Ob die Therme, welche Teil des Feriendorfs werden würde, auch von externen Gästen genutzt werden kann, obliegt laut Munz der Betreiberin Reka.
Aktuell macht einigen Anwohnern die Geothermie-Bohrungen zu schaffen. Während höchstens acht Wochen würde mittig auf dem Feld 24 Stunden an 7 Tage die Woche gebohrt werden. Die SEELEBEN AG liess ein geologisches Gutachten erstellen und auf dem Plan ist ersichtlich, dass nur wenige Wohnung der «schwarzen Würfeln» von der Lärmemission betroffen wären und die Emissionen im Bereich der ständig zugelassenen Emissionswerte der gegenüberliegenden Industriezone sein würden. «Die gegenüberliegende Industriezone ist massgebend, wobei unsere Bohrarbeiten nur vorübergehend stattfinden und als Baustellenlärm einzustufen sind», so Munz. «Die Arbeiten würden auch im Winter ausgeführt. Bei geschlossenen Fenstern wäre nur ein minimales Geräusch wahrzunehmen. «Die acht Wochen sind der Worst-Case. Wir rechnen damit, dass wir schneller sein werden und die 24/7 Bohrtätigkeit muss gewährleistet sein, damit der Bohrkopf nicht plötzlich stecken bleibt und die Bohrung von vorne beginnen muss.» so Fabian Munz.
Zusätzlich mit der Geothermie ist ein Wärmeverbund geplant, welcher auch eine zusätzliche Energiequelle durch Seewasser haben soll. Es ist also eine Energieversorgung in grösserer Dimension in Partnerschaft mit dem Elektrizitätswerk Zürich (EKZ) geplant. Energie Kreuzlingen sei noch nicht soweit, um das Projekt durchzuführen. Darum die Partnerschaft mit den Zürchern, die oft mit privaten Akteuren zusammenarbeiten. Er versucht die Anwohner mit einem «exklusiven» Nutzen für das Projekt zu überzeugen. Erneuerbare regionale Energie aus der Erde und dem See könnte den Anliegern zur Verfügung gestellt werden. «Sie wären nicht auf das Gas angewiesen und hätten gleichbleibende Kosten bei echter nachhaltiger Energie», sieht Munz als grossen Vorteil. Wohl sei sowieso das Legen neuer Leitungen geplant, bei dieser sie sich anschliessen könnten. Zumindest die «offiziellen» Beanstandungen können so mehrheitlich relativiert werden. Das es mehr «Leben» geben wird, ist nicht abzustreiten. Und das übers ganze Jahr. Aber mit der Therme möchten wir auch Gäste im Winter nach Kreuzlingen holen und einen nachhaltigen Tourismus übers ganze Jahr fördern. «Mit weniger Abhängigkeit auf den Sommer, wird der Tourismus am See übers ganze Jahr sanfter werden» ist Munz überzeugt.
Tourismus belebten
Thurgau Tourismus sieht ebenfalls Potenzial in dem Projekt: «Aus touristischer Sicht wäre es äusserst spannend das bisherige Übernachtungsangebot mit dem Reka-Feriendorf Thurgau-Bodensee zukünftig erweitern zu dürfen. Thurgau Tourismus freut sich sehr über die Idee und hofft, dass das Projekt bald realisiert und dadurch ein attraktiver Partnerbetrieb hinzugewonnen werden kann.» «Die neue Planung trägt zu einer lebendigen Stadt bei. Und sie stellt sicher, dass die Bereiche am See frei vor Bebauung bleiben und das Seeufer natürlich bleibt», schliesst Stadtrat Zülle.
Von Desirée Müller